EnEv für Tiny Häuser Sinnvoll?

  • Hallo,
    ich wollte mal in die Runde fragen, ob Ihr die Energiesparverordnung der deutschen Regierung auch für Tiny Häuser sinnvoll findet? Viele Tiny Häuser die nur mit 80 mm Naturdämmung auskommen, lassen sich wunderbar mit einem 2-4 KW Holzofen heizen.
    Meint Ihr, dass da mehr Dämmung wirklich so wichtig ist und man damit soviel einsparen kann?
    Laut u-Wert-Rechner braucht man doch auch wegen Schimmel nicht einen sooo niedrigen u-Wert und eine Lüftungsanlage würde bei einem Tiny vermutlich sowieso mehr bringen?
    Ich frage, weil ich immer wieder im Forum lese, dass viele versuchen die EnEv einzuhalten.
    Oder wäre es, insofern man gerne in staatlichen Strukturen lebt und sich für Gesetze interessiert, nicht besser die entsprechenden Gesetze für Tiny Häuser zu modifizieren?
    Viele Grüße,
    Ben

  • Hallo Ben,


    definitiv JA! Ich halte die EnEV für sehr sinnvoll, denn sie ist keine Bevormundung der Regierung, die ihre Bürger drangsalieren möchte, sondern es ist es eine Maßnahme zum Umweltschutz, auch wenn sie unters Baugesetz fällt.


    Es ist auch keine "deutsche" Besonderheit, entsprechende Verordnungen gibt es in vielen EU-Ländern und selbst die so oft zitierten USA, wo angeblich alles möglich ist, haben entsprechnende Verordungen. Ziel der EU ist es, das in nicht allzuferner Zukunft (Frankreich 2020, Deutschland 2021-22, etc.), JEDER Neubau in Europa als Passivhaus ausgeführt wird. Das bedeutet das jedes Haus (egal wie groß) so gut gedämmt ist das es, vom Prinzip her, so gut wie keinerlei Heizung mehr benötigt. Damit soll der CO² Ausstoß und auch die Feinstaubbelastung massiv gesenkt werden.


    Ein Tiny mit 80 mm Naturdämmung zu bauen ist auf den ersten Blick nachhaltig, da wenig und nur ökologische Baustoffe verwendet werden. Solch ein Tiny jedoch zu bewohnen ist alles andere als ökologisch, du sprichst davon es "lasse sich wunderbar mit einem 2-4 KW Holzofen heizen", doch was ist daran wunderbar? Es ist doch ökologisch viel sinnvoller gleich so zu dämmen, das ich keinen Holzofen mehr brauche mit dem ich CO² und Feinstaub in die Atmosphäre blase...


    Wer also wirklich etwas zum Umweltschutz betragen möchte, der dämmt auch sein Tiny House mind. nach EnEV Standard oder besser.


    Mit welcher Begründung sollen Gesetze für Tiny Houses "modifiziert" werden, sie sind es doch schon im Rahmen des Möglichen. Für Gebäude unter 50 m² gelten die Vereinfachten Bestimmungen der EnEV nach Anlage 3.
    Die oftmals in irgendwelchen Petitionen geforderten Dinge lassen sich einfach nicht umsetzen, da sie vom Grundsatz her gegen die Verfassung verstoßen (§3 GG Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.)
    Diese Forderungen das bestimmte Gesetze für Tiny Houses nicht gelten sollen, da sie ja "klein" sind, ist genau so unsinnig wie zu fordern das rote Autos sich nicht an die StVO halten müssen weil sie ja rot sind...


    Wer mit einer 80 mm Dämmung als Wohnwagen auf einem Campingplatz stehen möchte soll das gerne tun, sich aber dann bitte nicht als umweltbewusst und ökologisch darstellen, denn das ist man dann nicht!


    Und wer sein Tiny gerne auf einem privaten Baugrund aufstellen will, für denn gibt es keinen rationalen Grund, warum man nicht umweltbewusst, ökologisch und EnEV konform sein Tiny bauen sollte.


    Gruß
    Dietmar



    P.S.: Ich bin seit diesem Jahr selber politisch aktiv, mit dem Ziel den Bau und das Aufstellen von Tiny Houses zu vereinfachen. Ich werde mich allerdings, schon allein aus meinem eigenen Umweltbewusstsein heraus, niemals dafür einsetzen, das für Tiny Houses Auflagen des Umweltschutz wie die EnEV NICHT gelten sollen.

  • Hallo Dietmar,
    danke für deine Antwort zu so später Stunde.
    ich wollte gar nicht so sehr ins politische gehen, sondern mich nur allgemeingültig ausdrücken, da ja nicht jeder Mensch, der innerhalb des von einer Regierung beanspruchten Teritoriums lebt, sich auch für staatliche Institutionen begeistert.
    Mich interessiert viel mehr: Was spart man denn konkret ein mit einer dicken Dämmung? Bräuchte man dann vielleicht nur einen halben statt einen Raummeter Holz pro Jahr?
    Was ab wann wirklich umweltfreundlich ist, ist eine komplexe Berechnung die auch vom persönlichen Lebenstil abhängt. Jemand der z.B. sowieso nicht oft zuhause ist und nur in seinem Tiny mehr oder weniger schläft muss nur abends den Ofen anmachen.
    Meine Erfahrung bei kleinen Bauten war bisher, dass es im Winter, wenn mann nur kurz die Tür auf macht, gleich viel Kälte einströmt im Verhältnis zum geringen Raumvolumen.
    Vermutlich muss man einen hohen Aufwand betreiben, um ein Timy zu bauen, dass man nicht heizen muss..
    Ab einem gewissen Punkt ist ein mehr an Dämmung auf jedenfall nur Resourcen verschwendung, die auch hergestellt und transportiert werden müssen und somit mit in die Rechnung eingehen. Die Frage ist nur ab wann ist dieser Punkt erteicht?
    Wie viel lässt sich also konkret mit mehr Dämmung (z..b 160mm Holzfaser statt 80mm) einsparen an Holzscheiten oder Gas? Mich interessieren natürlich die realen Bedingungen eines Tinyhouses, deshalb fände ich es interessant, ob jemand erfahrung mit Tinyhouse (8-20 qm) und sehr kleinen u-Werten hat.
    Viele Grüße,
    Ben

    3 Mal editiert, zuletzt von Sonnenhaus ()

  • Hallo Ben,


    wenn du es genau wissen möchtest, dann benutze doch den Wärmebedarfsrechner in Ubakus. Damit lässt sich ausrechnen wieviel kWh/a du bei den jeweiligen Aufbauten von Boden,Wand, Decke und Fenstern benötigst und gegeneinander vergleichen.


    Im Idealfall dämmst du so gut, das du durch deine eigene Körperwärme und evtl. noch einer kleinen Infrarotheizung über eine PV Anlage betrieben dein Haus warm bekommst (Passivhaus) und auf einen Holzofen ganz verzichten kannst.
    Außerdem sollte im Winter auch bzw. gerade ein Tiny House bei Abwesenheit zumindest so weit erwärmt werden bzw. die Wärme im Haus halten, das die Wasserleitung nicht einfrieren. Das man sein Tiny nicht beheizen muss ergibt also bei einer zu geringen Dämmung schon mal keinen Sinn.


    Gruß
    Dietmar

  • Hallo Dietmar,
    ja, dass wäre echt toll wenn dass tatsächlich so klappt. Gibt es Hersteller die so etwas bauen? Passiv Tiny Häuser? Tiny House Rheinau verwendet ja auch nur 80 mm in ihrem Bausatz und ich kenne auch sonst nicht Leute, die richtig viel Dämmung in einem Tiny haben. Da ist mein neuer Wagen mit bis zu 140mm Dämmung (Dach) noch richtiger Luxus.
    Ich habe es bisher so gemacht, dass ich im Winter einen Edelstahlkanister alle drei Tage mit Wasser aufgefüllt habe und nicht Wasserleitungen verwendet habe.
    Ist nicht jedermanns Sache, aber so habe ich nie heizen müssen wenn ich weg war.
    Wenn ich mal mehr Luxus will, gibt es aber auch Heizkabel, mit dem ich verhindern kann, das meine kurze Wasserleitung gefriert.
    Wie gesagt, die individuelle Lebensweise spielt eine wichtige Rolle, bei der Entscheidung was ökologisch ist und was nicht. Im endefekt verbrenne ich nicht viel Holz pro Jahr und hab auch nen guten Schornstein und Ofen, sodass kaum Rauch entsteht.
    Viele Grüße,
    Ben

  • Hallo Ben,


    nun da sind wir bei deiner "individuellen Lebensweise" im Prinzip bei der Frage was ist ein Tiny House ?


    Ein Tiny House hat zwangsläufig ein Bad und eine Küche, somit auch Wasserleitungen. Insbesondere dann wenn es um die EnEV und der damit verbundenen Baugenehmigung geht, kommt man da nicht drum herum. Alles andere wäre z.B, ein einfacher Bauwagen oder ähnliches aber kein Tiny House, erst recht wenn es um baurechtliche Dinge geht.


    Natürlich geht es auch bei Bauwägen um einen minimalistischen und im Ansatz auch ökologischen Lebensstil, jedoch sind das eben KEINE Tiny Houses. So ein einfacher Bauwagen würde z.B. auch nirgendwo eine Baugenehmigung bekommen, daher ist es immer max. nur ein Leben in der Grauzone. Auch für diesen Lebensstil gibt es Foren, jedoch hier bei uns gehts ausschließlich um Tiny Houses.


    Selbstverständlich gibt es mittlerweile viele Tiny House Hersteller die EnEV konforme Tiny Houses bauen und auch den meisten Selberbauer gehen mittlerweile in diese Richtung wenn sie ihr Tiny auf einem privaten Grundstück aufstellen wollen (es bleibt ihnen ja auch garnichts anderes übrig außer der Illegalität). Wie aber schon an sehr vielen Stellen erwähnt, die klassischen THoW auf PKW Anhängern lassen sich schon aus technischen Gründen (Dämmung vs. Gewicht) nicht EnEV konform bauen und bleiben immer nur eine Lösung für den Campingplatz oder als Ferien-/Wochenendhaus.


    Gruß
    Dietmar

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