Achtung bei Tinys auf Campingplätzen gibt es große rechtliche Risiken: Abriss droht

  • Bericht im NDR Tiny Houses in Gefahr: Mini-Häusern droht Abriss | Markt | NDR

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    Jahrelange Duldung und akzeptierte Hauptwohnsitze bringen keine Rechtssicherheit, das "Aus" kann jederzeit drohen.


    Echt übel


    OAL-Tiny

  • Ooooh Mann
    Zeiten in denen eine derartige Wohnungsnot besteht, sollten die Behörden zu mehr Kulanz verpflichten.
    Einem verwilderten Zeltplatz ohne sanitäre Anlagen und Strukturen würde ich wahrscheinlich auch ein paar Auflagen setzen.
    Aber in diesem Fall handelt es sich um eine völlig solide Wohnform und alles sollte so bleiben wie es ist.
    Ich drücke den Bewohnern ganz fest die Daumen.
    Inge

  • ...
    Zeiten in denen eine derartige Wohnungsnot besteht, sollten die Behörden zu mehr Kulanz .
    ...


    Nein, es wäre keine Kulanz erforderlich.
    Laut dem Juristen im Video, könnte die Kommune Dauerwohnsitze auf dem Campingplatz gemäß einer Gesetzesnovelle sogar zulassen!
    Aber die Kommune will das genau nicht!


    Grüße
    OAL-Tiny

  • Interessanter Bericht, doch leider werden auch hier, wie so oft in den Medien, durch vermeidliche „Experten“ die Sachverhalte verkürzt (und damit sachlich falsch) wiedergegeben oder es werden gleich Äpfel mit Birnen verglichen.



    Was ist die Ausgangslage?


    Wie man auf den Fotos erkennen konnte, gab es hier einen „Dauercampingplatz“ (Camping- und Wochenendplatz) aus den 60er Jahren, der verwildert war. Neben Wohnwagen, Wohnmobilen und Zelten durften hier auch feststehende Wochenendhäuser bis 40 m² errichtet werden.


    2018 hat die Stadt einen neuen Bebauungsplan aufgestellt, jetzt nur noch als Campingplatz. Das bedeutet, die feststehenden Häuser müssen entfernt werden, es dürfen nur noch jederzeit ortsveränderliche Unterkünfte (Zelte, Wohnmobile, Wohnwagen, THoW) dort aufgestellt werden.


    Die Bewohner haben teilweise vor der Änderung des B-Plans, teilweise danach, feststehende Tiny Houses errichtet und ihren Wohnsitz dort auch angemeldet.



    Was bedeutet dies nun rechtlich gesehen?

    • Melderecht und Baurecht sind zwei völlig unterschiedliche Dinge, die zunächst einmal nichts miteinander zu tun haben. Nach dem Melderecht ist man verpflichtet, dort wo man wohnt, seinen Wohnsitz anzumelden. Das sagt noch gar nichts darüber aus, ob dort das Wohnen (nach dem Baurecht) auch gestattet ist oder nicht. Selbst wenn das Wohnen nach dem Baurecht illegal ist, so muss man sich trotzdem nach dem Melderecht dort anmelden, wenn man dort tatsächlich wohnt. Das die Bewohner, die dort ihren Wohnsitz haben, diesen auch anmelden, ist demnach völlig richtig und nach dem Melderecht gesetzeskonform.
    • Das dauerhafte Wohnen auf einem Camping-/Wochenendplatz ist ein illegaler Zustand, daran kann die Gemeinde auch aus eigener Kraft zunächst einmal nichts ändern. Wie man an dem Zeitungsartikel sehen kann, weiß die Stadt jedoch seit mindestens 7 Jahren, das auf diesem Platz Menschen dauerhaft leben. Vertreter der Stadt waren beim Jubiläum anwesend und konnten dies in Augenschein nehmen. Welche Möglichkeiten hätte die Stadt nun gehabt, sie war ja eindeutig über den illegalen Zustand informiert?

      • Sie hätte jederzeit durch die Bauaufsichtsbehörden veranlassen können, den Platzbetreiber dazu aufzufordern diesen illegalen Zustand abzustellen (z.B. indem er den Dauerbewohnern die Parzellen kündigt). Wenn die Stadt den Platz nun räumen und die Häuser abreissen lassen will, so muss der Platzbetreiber ja schon lange vorher aufgefordet worden sein etwas zu unternehmen. Eine Räumung ist immer der ultimative und allerletzte Schritt.
      • Sie hätte jederzeit durch die Bauaufsichtsbehörden veranlassen können, eine schriftliche Erklärung zur Nichteinschreitung gegen den illegalen Zustand (ugs. Duldung) abzugeben
      • Sie hat die Kenntnis über den illegalen Zustand und tut gar nichts! In diesem Fall tritt nach einigen Jahren die Verwirkung in Kraft, das bedeutet die Gemeinde hat ihr Recht gegen den illegalen Zustand vorzugehen verwirkt. Wann diese Verwirkung eintritt und welche Bewohner das genau betrifft muss durch ein Gericht geklärt werden (ein Beispiel aus NRW: alle Bewohner die länger als 6 Jahre auf dem Platz leben dürfen bleiben, alle anderen müssen den Platz verlassen).
      • Die Stadt hätte ab 2017 den Platzbetreiber auffordern können, der Gemeinde einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan vorzulegen, um durch §12 Abs.7 BauGB das dauerhafte Wohnen auf dem Platz zu legalisieren. Im Gegensatz zu einem B-Plan der Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen B-Plan durch einen Investor (dem Platzbetreiber) das Wohnrecht im B-Plan eingetragen werden. Dies ist jedoch mit mind. 6-stelligen Kosten für den Investor verbunden!
    • Die Stadt und der Bebauungsplan: Da die Stadt Kenntnis über die feststehenden Bauten und deren Dauerbewohner hatte, ist die Rechtmäßigkeit des 2018 aufgestellten Bebauungsplan und die Änderung in einen reinen Campingplatz sehr fraglich. Die privaten Interessen der Bewohner und des Platzbetreibers überwiegen hier eindeutig. Ich kann hier keinerlei öffentliche Interessen erkennen, die dem widersprechen würden. Die Erstellung dieses Bebauungsplans ist aus meiner Sicht eindeutig rechtswidrig und der alte Bebauungsplan weiterhin gültig. Das ändert jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit des Dauerhaften Wohnens auf dem Platz. Hierfür muss weiterhin eine Lösung gefunden werden.
    • Die Bewohner und der Platzbetreiber: Den Bewohnern ist keinerlei Vorwurf zu machen, sie haben sich völlig korrekt verhalten. Sie haben ihre Häuser nach bestem Wissen und Gewissen errichtet und gesetzeskonform ihren Wohnsitz angemeldet. Dem Platzbetreiber ist jedoch der Vorwurf zu machen, warum er nicht eingeschritten ist. Spätestens 2018 hätte er die Bewohner darüber informieren müssen, dass es einen neuen B-Plan gibt und welche Konsequenzen daraus entstehen. Fraglich ist auch, wieso er nicht schon im Planungsverfahren für diesen B-Plan dagegen Einspruch erhoben hat. Entweder ist er extrem schlecht beraten oder es ist ihm völlig egal was auf seinem Platz und desen Bewohnern passiert.

    Fazit:
    Zwei Parteien sind hier anzuklagen:
    1.) Der Platzbetreiber: Sein Verhalten hat dieses Chaos erst verursacht. Wieso hat er gegen den neuen B-Plan keinen EInspruch erhoben? Wieso hat er mit der Gemeinde nicht schon längst eine rechtssichere Lösung gessucht, z.B. durch eine schriftl. Erklärung zum Nichteinschreiten oder durch eine vorhabenbezogenen Bebauungsplan? Scheinbar hat er keinerlei Interesse an seinen Bewohnern und deren Schicksal!
    2.) Die Stadt: Deren Vorgehen ist extrem unverständlich und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar rechtswidrig. All diese Ausflüchte und das Drumherumreden, wie man es im Video sieht, deutet darauf hin, dass man sich dieser Rechtswidrigkeit durchaus bewusst ist und versucht sich nun irgendwie herauszureden.

  • @DietmarS68
    Also wenn du kein Rechtsanwalt bist, fress ich nen Besen
    Sehr ausführlich und verständlich auseinander gepflückt hast du den Beitrag.
    Hört sich rein rechtlich tatsächlich nicht so gut an für die Bewohner. Aber die Stadt kommt in meinen Augen überhaupt nicht gut an.
    Wissen was los ist, wissen das es nicht mehr lange gut gehen kann und dann wissentlich weg gucken.
    Selbstverständlich ist eine unrechtmäßige Nutzung dieses Geländes zu erkennen, aber da muss dennoch eine sozial verträgliche Lösung her im Sinne der Bewohner.
    Der Investor sprich Plstzbetreiber sollte mit an den Verhandlungstisch.
    Wie auch immer…es ist sehr schade zu sehen das dieses idyllische Tinydörfchen aus rechtlichen Gründen weichen muss.
    Da ist anscheinend einiges schief gelaufen und ich hoffe immer noch auf einen positiven Ausgang für die Bewohner.
    Die Inge

  • @DietmarS68
    Jetzt müsse ich ja eigentlich nen Besen fressen
    Aber um auf das Baurecht & Co zurück zu kommen, dass ist tatsächlich die größte zu nehmende Hürde in Sachen Tinyhouse.
    Ein Grundstück ist schnell gefunden, ein Tiny schnell gebaut…aber an den Behörden vorbei zu kommen ist kein Spaziergang.


    Ich bin in den Anfängen der Planung und hab jetzt schon Schiss

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!