Campingplatz wird Tinyhouse-Siedlung?

  • Ich habe eine Frage, Vorstellung...bei mir in der Nähe wird ein riesengroßer wunderschöner Campingplatz verkauft. Wäre es eigentlich rechtlich möglich, so einen Campingplatz, z.B. in einer Gemeinschaft zu erwerben, um ihn, vielleicht auch nur zum Teil, in eine Tinyhouse-Siedlung umzugestalten? Wahrscheinlich gäbe es dann u.a. das Problem, dass ein Erstwohnsitz nicht möglich wäre. Zur Zeit hat der Platz über 200 parzellierte Stellplätze....fällt jemandem da etwas zu ein oder ist die Idee völliger Quatsch???

  • Servus,

    Kennst du das Tiny House Village in Mehlmeisel?

    Die beiden Besitzer haben genau das gemacht. Ehemaligen Campingplatz gekauft und jetzt Erstwohnsitz für Tiny.

    Welche Behördengänge da nötig waren weiß ich allerdings nicht.

    VG Sabine

  • Hallo Ellis,


    Quatsch ist das schon mal nicht! Es ist eher eine Frage des Geldbeutels und in wie weit die Gemeinde da mitspielt.


    Wenn dort schon ein Campingplatz ist, dann ist der Grund im Flächennutzungsplan als "Sondergebiet, das der Erholung dient" ausgewiesen und ein dauerhaftes Wohnen nach dem Baugesetz zunächst einmal nicht gestattet.


    Zunächst sollte genau geprüft werden, als was genau der Platz im Bebauungsplan ausgewiesen ist.

    Ist es ein reiner Campingplatz, so dürfen dort nur Wohnanhänger, Klappanhänger und motorisierte Wohnfahrzeuge, die jederzeit ortsveränderlich und so beschaffen sind, daß sie jederzeit zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen werden können (CPl-Woch-VO §1 Abs. 1) aufgestellt werden. Die Tiny Houses müssen also auf Rädern stehen und eine Straßenzulassung besitzen.

    Ist es auch als Wochenendplatz ausgewiesen, so dürfen dort auch Tiny Houses ohne Räder bis max. 40 m² aufgestellt werden. Ist das nicht der Fall und man möchte alle Arten von Tiny Houses auf seinem Platz zulassen, dann muss die Gemeinde den Bebauungsplan entsprechend ändern (Nutzungsänderung) und das Bauamt eine neue Baugenehmigung ausstellen.


    In jedem Fall müssten sicherlich umfangreiche Änderungen am Platz vorgenommen werden um es als Tiny House Siedlung zu nutzen. So sollten an jeder Parzelle mind. 2x 230 V oder besser ein 360 V Anschluß zur Verfügung stehen. Genau so frostsichere Wasserleitung und Abwasserleitungen. Das ist bei touristisch genutzen Campingplätzen oft nicht gegeben. Auch die Wege müssen auf ihre Abmessungen geprüft werden, den Tiny Houses sind doch oft größer als ein "normaler" Wohnwagen, besonders wenn es um Mobilheime oder Tiny Houses ohne Räder geht (Anlieferung auf Tieflader).


    Falls du den Platz kaufen möchtest, dann hast du 2 Möglichkeiten:


    1.) Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan für den Platz inkl. dem Eintrag des dauerhaften Wohnrechts im B-Plan (§12 BauGB Abs. 7)

    Das ist der teure, aber auch sichere, Weg. Als Platzbesitzer lässt du einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan bei einem Architekturbüro erstellen, damit übernimmst du auch alle Kosten die sonst die Gemeinde trägt. Dafür bekommst du das Recht, das dauerhafte Wohnrecht auf dem Platz in den Bebauungsplan einzutragen.


    2.) Du nutzt den vorhandenen bzw. geänderten Bebauungsplan der Gemeinde

    Hier ist nach dem Baurecht kein dauerhaftes Wohnrecht auf dem Platz vorhanden. Es handelt sich dabei um einen illegalen Zustand, den der Platzbetreiber zu verantworten hat. Du kannst deinen Platzmietern natürlich (mündlich) erlauben, sich auch dauerhaft auf dem Platz aufzuhalten, Sicherheit gibt das jedoch nicht. Sollte das Bauamt darauf aufmerksam werden, so haben sie 3 Möglichkeiten: a.) sie untersagen das dauerhafte Wohnen, b.) sie tun einfach nichts und lassen alles so laufen, c.) sie geben eine schriftliche Erklärung ab, das sie gegen den illegalen Zustand nicht vorgehen (ugs. Duldung). So etwas kann man natürlich nicht "planen", die Gemeinde und das Amt werden sich nicht offiziell an dem illealen Vorgehen beteiligen, sie können nur später auf den illegalen Zustand reagieren.


    Und noch etwas zum Begriff "Erstwohnsitz":

    Dieser Begriff wird immer wieder falsch verwendet. "Erstwohnsitz" ist ein Begriff aus dem Melderecht und man hat seinen Erstwohnsitz dort anzumelden, wo man sich die meiste Zeit des Jahres aufhält. Also in dem Fall auf dem Campingplatz, auch wenn dort zunächst einmal das "dauerhafte Wohnen" nach dem Baurecht nicht gestattet ist.

    Es ist immer das Melderecht mit dem Baurecht gegeneinander abzuwägen. Wenn die Gemeinde nichts dagegen hat, das auf dem Platz auch dauerhaft gewohnt wird, bzw. das Wohnrecht sogar im B-Plan eingetragen ist, dann spricht nichts gegen eine Wohnsitzanmeldung auf dem Platz. Möchte man sich jedoch den Behörden gegenüber bedeckt halten, dann sollte die Wohnsitzanmeldung an einem anderen Ort erfolgen.


    Falls du noch Fragen hast oder Hilfe beim angehen des Projekt brauchst, dann kannst du dich gerne zu einer Beratung bei IndiViva anmelden.


    Viele Grüße

    Dietmar

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!