Tiny House auf bereits bebautem EFH-Grundstück

  • Hallo zusammen,

    ich hoffe, die Frage ist nicht zu naiv, aber was haltet ihr denn von der Möglichkeit, ein TH / THOW in einem bereits mit einem EFH bebauten Grundstück aufzustellen? Vorausgesetzt, der Hausbesitzer macht mit und der Bebauungsplan gibt es prinzipiell her? Oder würde so eine Idee an letztgenanntem scheitern?

    Danke vorab und viele Grüße

    Martin

  • Hallo Martin,


    pauschal läßt sich das nicht beantworten.


    Die erste Grundvoraussetzung ist zunächst einmal, dass das Tiny House baugenehmigungsfähig ist. Es muss also eine Statik besitzen, der Wärmeschutzverordnung entsprechen, ggf. braucht es auch noch einen Schallschutznachweis, den Brandschutz nicht zu vergessen usw.

    Zudem wird zum 1.1.2023 die GEG mit 3 Jahren Verspätung an die EU-Vorgaben angepasst, spätestens dann sind 3,5t THoW auf Baugrundstücken nicht mehr umsetzbar. Ein Umzug auf ein anderes Grundstück wäre dann nicht mehr möglich, lediglich der Campingplatz bleibt dann noch.


    Ansonsten hängt es vom Grundstück ab:

    1. Wie ist die Grundflächenzahl (steht im B-Plan oder wenn es keinen gibt, ergibt sich diese aus dem FNP und der BauNVO) ?
    2. Wurde die Grundflächenzahl schon voll ausgenutzt oder ist noch Platz vorhanden, und wenn ja, wieviel?
    3. Gibt es Baugrenzen (sind im B-Plan vorgeben bzw. ergibt sich aus der umgebenden Bebauung - Stichwort Bauflucht) ?
    4. Wieviel Wohneinheiten sind auf dem Grundstück zugelassen (ist das Tiny House eine eigene Wohneinheit oder lediglich ein Anbau) ?
    5. usw.

    Diese Fragen kannst du über eine Bauvoranfrage klären oder du läßt dir von IndiViva eine Grundstückseinschätzung machen.


    Gruß

    Dietmar

  • Hallo Dietmar,

    welche GEG-Verschärfungen zum 1.1.2023 werden es sein, dass ein 3,5t THoW auf Baugrundstücken nicht mehr umsetzbar sein wird?

    Grüße

    Bernhard

  • Hallo Bernhard,


    zum 1.1.2023 erfolgt die bereits 2010 in der EU beschlossene Anpassung an den Effizenzhausstandard. Neubauten müssen dann nach EH55 gedämmt sein, was dann folgende U-Werte ergibt:


    GEG 2020GEG 2023
    Wände, FußbodenU ≤ 0,24 W/(m2·K)U ≤ 0,20 W/(m2·K)
    DachflächenU ≤ 0,20 W/(m2·K)U ≤ 0,14 W/(m2·K)
    FensterUw 1,30 W/(m² K)Uw ≤ 0,90 W/(m² K)
    DachflächenfensterUw = 1,4 W/(m2·K)Uw ≤ 1,0 W/(m² K)
    TürenUD ≤ 1,8 W/(m² K)UD ≤ 1,2 W/(m² K)


    Eine Wand mit Pu-Schaum Dämmung ist dann nicht mehr mind. 11 cm sondern mind. 19 cm dick, bei Mineralwolle wächst die Wandstärke auf mind. 25 cm und bei Holzfaserdämmung auf mind. 30 cm.

    Mehr Material = mehr Gewicht. Schon heute ist es extrem aufwendig GEG konform innerhalb der 3,5t zu bauen, was fast nur mit PU-Schaum funktioniert. Ab dem 1.1.2023 halte ich es dann fast unmöglich, wenn du mehr als 5 m² Wohnraum haben möchtest.

  • Ui, auch Fenster und Türen brauchen dann mindestens eine dreifach Verglasung?

    Das läuft dann wirklich auf keine Straßenzulassung hinaus.

  • Hallo Dietmar,

    danke sehr für die Synopse. Hast Du evtl noch einen Link zu dieser Neufassung der Anlage 7 (zu Par. 48 GEG)?

    Grüße

    Bernhard

  • Hallo Bernhard,


    die Neufassung ist noch nicht geschrieben. Ich denke der Gesetzentwurf wird frühestens September dem Bundestag vorgelegt.

    Du kannst aber überall im Netz die U-Werte zum EH55 (Effizenzhaus 55) finden, auf dem die Neufassung der GEG dann beruhen wird.


    Gruß

    Dietmar

  • Ui, auch Fenster und Türen brauchen dann mindestens eine dreifach Verglasung?

    Nicht zwingend, es gibt auch hochwertige zweifach verglaste Fenster und Türen, die diese Werte einhalten. Die gibt es aber dann nicht für ein paar Euro im Baumarkt.

  • Hallo in die Runde,


    da mein Anliegen gut zu diesem Thema passt, werde ich kein neues eröffnen. Ich hoffe, dies ist ok.


    Im Zuge der geplanten Modernisierung des GEG ergeben sich Unsicherheiten für künftige Bauherr_innen von Tiny Houses wie folgt: wird das Haus vorab ohne Baugenehmigung gebaut, erst nach abgeschlossener Bauphase ein Grundstück gefunden und der Antrag auf Baugenehmigung gestellt, greifen meines Erachtens diejenigen rechtlichen Vorgaben, die zur Zeit des Antrags auf Baugenehmigung gelten. Die Problematik hinsichtlich der Gesetzesmodernisierung stellt sich, wenn das Tiny House nach den Vorgaben des alten (jetzigen) GEG gebaut wurde, die Bauweise aber mit dem modernisierten Gesetz kollidiert. Die Folge wäre, dass zB die Dämmstärke nachträglich angepasst werden muss - dann ist aber das Dach zu kurz...


    Zu Vergleichbarem müsste es bereits in der Vergangenheit gekommen sein, als die EnEV vom GEG abgelöst wurde, und Tiny-House-Eigentümer mit ihrem Häusle (das nach den Vorgaben der EnEV gebaut worden ist) im Geltungszeitraum des GEG umgezogen sind.


    Kann hier ernsthaft erwartet werden, dass nach jedem Umzug, dh mit jedem neuen Antrag auf Baugenehmigung, das Haus den Vorgaben des entsprechenden Gesetzes angepasst wird? Für mich sieht das Ganze nach einer Gesetzeslücke aus. Der_die Bauherr_in hat das Haus gesetzeskonform gebaut/bauen lassen. Die Gesetzesänderung kann sich doch nicht derart nachteilig auf ihn_sie auswirken.


    Vielleicht gibt es hier unter euch den_die ein oder andere_n, dem_der Vergleichbares bereits widerfahren ist. Oder aber jemand, der_die im Bauamt tätig ist, dass ich mich zumindest mal austauschen kann, bevor ich mich an einen Fachanwalt für Baurecht wende. Das Thema wird ja auch in Zukunft relevant für alle sein, die mit ihrem Tiny House umziehen möchten.


    Vielen Dank schon vorab.


    Beste Grüße

    Terese

  • Hallo Terese,


    Du hast den Sachverhalt sehr genau erfasst und dargestellt. Das Baurecht in Deutschland ist nicht auf "Wanderhäuser" ausgelegt. In den USA sieht das sicherlich anders aus.


    Dieser Sachverhalt ist auch ein Grund (neben dem Gewicht), warum ein TH on wheels zum Wohnen keinen Sinn macht, auf Camping- und Wochenendplätzen hingegen schon.


    Gruß

    Stefan

  • Frag mal bei einer größeren Fertighausfirmen nach, die habe das Problem schon länger.

    Diese Firmen unterhalten einige Musterhäuser, diese werden nach ein paar Jahren wieder abgebaut und dann im Regelfall an Mitarbeiter günstig weiterverkauft.

    Auch betrifft es nicht nur die Dämmung, auch die Statik incl. Windsog, Schneelast muss ja angepasst bzw. überprüft werden.

    Gruss Stefan

  • Hallo Terese,

    ja das ist leider so, weil du nach einem Umzug dein Haus auf einem neuen Grundstück "neu errichtest".
    Im Bauordnungsrecht werden Gebäude und Grundstück immer gemeinsam betrachtet.
    Es gibt nur den theoretischen Fall, dass für den Stellplatz auf dem zukünftigen Grundstück bereits eine Baugenehmigung vorliegt, für ein Haus, welches baugleich zu deinem Haus ist. ... aber wie gesagt nur theoretisch!


    Gruß sigi

  • Ich klinke mich Mal mit ein.


    Müssen wir jetzt nach GEG 2020 oder GEG 2023 bauen?

  • Hallo LIHA (Name?),
    GEG2023 ist aktuell ... die Anlage 7 gibt die Werte vor.

    Gruß sigi

  • Hallo zusammen,


    das Thema wurde auch hier angesprochen.

    Ich lasse mich jetzt einmal zu den Ausnahmeregelungen beraten. Genauer:

    • Zerlegbare Gebäude

    Auslegungen vom Bund zu §1 Abs.2 Nr.6. Achtung! Auslegung ist noch zum ENEV.


    „4. Die Verwendung von vorgefertigten, wiederverwendbaren Raumzellen, bei der Errichtung eines Gebäudes kann als Indiz dafür angesehen werden, dass die Absicht einer Zerlegung und Wiederverwendung des Gebäudes besteht – in der Regel am anderen Ort, häufig mit anderer Nutzung und ggf. auch in anderer Form. Diese Bauweise für sich allein reicht aber nicht aus, um von einer Ausnahme nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ausgehen zu können. Hierfür ist die Absicht des Bauherrn maßgeblich, das Gebäude nur für einen absehbaren Zeitraum zu errichten„


    Absehbarer Zeitraum ist im GEG nun zwei Jahre.

    • Vergleichsweise gleicher/niederiger Energieverbrauch (Innovationsklausel)

    Die Idee hier ist wohl das kleine Gebäude mit entsprechender Technologie durchaus einen niedrigeren oder vergleichbaren Energieverbrauch als ein Vergleichsgebäude haben kann. Das muss aber gutachterlich nachgewiesen werden. Ich habe nur von einem Tiny House Bauer aus Norddeutschland gehört, der quasi ein tiny Haus ein Jahr laufen und gutachterlich begleiten ließ. Ein privater Bauherr kann das wohl nicht leisten.


    Gruß, Pax

  • Hallo in die Runde! Da es hier gut rein passt, nehme ich den Faden noch mal auf anstatt ein neues Thema aufzumachen.


    Wir stehen vor derselben Situation. Wir wollen bei meinen alten, gebrechlichen Schwiegereltern auf dem EFH-Grundstück "irgendwas hinstellen", wo wir zeitweise wohnen können, weil sie zunehmend Unterstützung im Alltag benötigen. Wir wollen also weder permanent, noch dauerhaft auf dem Grundstück wohnen, sondern über das Jahr verteilt immer mal wieder ein paar Tage und Wochen. Ob das die 4 Monate pro Jahr überschreitet (wg. Einstufung als Wochenend-/Ferienhaus) kann ich nicht sicher sagen, aber ich denke, das wird in der Praxis kein Problem sein. Denn: wer soll das kontrollieren?


    Eigentlich hatten wir gedacht, ein THoW dorthin zu stellen, das wir evtl. später wieder verkaufen können oder an einem anderen Ort weiter nutzen können, ... Nach dem ich aber sehr viel hier und auch an anderen einschlägigen Stellen im Internet recherchiert habe, frage ich mich, ob das Ganze überhaupt möglich ist? Ich verstehe es so, dass eine informelle Nutzung (nach dem Motto: ist doch mein Garten, wird nur gelegentlich genutzt, ist doch eigentlich nur ein Wohnwagen ... ) nicht legal möglich ist, und da das Haus gut von der Straße zu sehen sein wird, brauchen wir auch nicht darauf hoffen, dass es "nicht auffällt".


    Dann bleibt nur der Weg, eine Baugenehmigung zu beantragen. Vielleicht als Ferienhaus? Wenn wir das TH aber später noch mal anders nutzen wollen oder ohne großen Wertverlust verkaufen wollen, besser GEG einhalten? Das scheint aber mittlerweile irgendwo zwischen sehr teuer und unmöglich zu rangieren, zumal es ja absehbar ist, dass die Anforderungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter steigen werden.


    Ich frage mich, wo überhaupt die ganzen Tinyhäuser, die nicht das aktuelle GEG einhalten, stehen? Stehen die alle auf Campingplätzen oder auf Feriengrundstücken? Wenn ich mir die Angebote der buchstäblich hunderten Anbieter in D/EU anschaue, sind sicherlich 95% nicht baugenehmigungsfähig...!?

    Eigentlich hatte ich an ein Budget von maximal 70.000,- € inkl. Mwst. gedacht. Ich wäre auch bereit und in der Lage, den Innenausbau selbst zu machen, wenn ich damit eher in Richtung 50.000,- € kommen würde.


    Sollte ich mich von dieser Idee verabschieden und evtl. stattdessen nach einem Modulhaus/Mobilheim suchen, das baugenehmigungsfähig ist, oder gibt es vielleicht Menschen hier im Forum, die eigene Erfahrungen haben mit dem (legalen) Aufstellen eines THoW auf dem eigenen Grundstück?


    Hardy

  • Hallo Hardy,
    willkommen im Forum! Du hast deine Situation sehr gut beschrieben. Das Thema hatte ich bereits. Wichtig ist die Situation vor Ort. Ich empfehle dir, eine Bauvoranfrage zu stellen. Mit dieser werden einzelne Fragen deines Projektes seitens des Bauamtes geklärt. Die Fragestellung kannst du auch begründen zwecks Einschätzung der Situation für das Bauamt. Wenn du willst, kann ich das gemeinsam mit dir planen. Schreib mir einfach eine PN.

    Gruß sigi

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